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Lukas Linder, Der Letzte meiner Art : Roman. – Zürich : Kein & Aber, 2018. (978-3-0369-5785-2)

Im Mittelpunkt von Lukas Linders Debütroman steht Alfred von Ärmel, Spross einer alten und begüterten Berner Familie. Er strebt danach, kein blässlicher Nebendarsteller in der Familienchronik zu werden. Er möchte eines der edelsten Blätter am Stammbaum verkörpern. Alfreds Ansporn sind die Heldentaten seines Vorfahren und Namensvetters, der vor rund 500 Jahren in der Schlacht bei Marignano 40 Franzosen mit der Hellebarde erschlagen haben soll und als «Schlächter von Marignano» in die Geschichte einging.

Tragikomischer Antiheld

Doch welchen Pfad soll der Heranwachsende einschlagen, um als Held in die Familiengeschichte einzugehen? Was soll er tun, damit von seinen Herkulestaten noch in Hunderten von Jahren die Rede sein wird? Im Schatten seines älteren Bruders, dessen künstlerische Begabung schon in früher Kindheit zutage tritt, sucht der unsportliche Alfred nach alternativen Wegen zum Ruhm: «Verzweifelt blätterte ich in den Enzyklopädien und Geschichtsbüchern auf der Suche nach einem Helden, der seine Taten im Sitzen vollbracht hatte. Was ich mir wünschte, war ein Held des Mittagsschläfchens, Blumengiessens und Spazierengehens.»
Alfreds Bemühungen um Anerkennung bei seinen verschrobenen Grosseltern, bei den mit sich selber beschäftigten Eltern und beim genialen Bruder bleiben erfolglos. Auch alle Anstrengungen um eine würdige Position unter seinen Altersgenossen misslingen. Die ungewöhnliche Beziehung mit einer fünfzigjährigen Frau ist zum Scheitern verurteilt. Bei den ersten Gehversuchen in der Berufswelt strauchelt von Ärmel ebenfalls. Dem Aussenseiter fällt die Suche nach einem Platz im Leben schwer. Alfreds Geschichte verläuft aber nicht nur tragisch, sondern auch zum Brüllen komisch. Denn bei den zahlreichen grotesken Episoden tritt der Antiheld stets zielsicher ins Fettnäpfchen.
Mit «Dem Letzten meiner Art» ist Lukas Linder eine äusserst humorvolle Pubertäts- und Gesellschaftssatire gelungen, die sich leicht und flüssig liest. Sie berührt aber auch. Denn zwischen den Lachern wirft vermutlich jede Leserin und jeder Leser hin und wieder einen verstohlenen Blick auf das eigene Leben.

«Appenzell liest ein Buch – Gais liest mit»

Am Pfingstwochenende vom 6. bis zum 10. Juni 2019 findet in Appenzell der «kleine Frühling» statt. Als Vorbereitung auf das BuchKunstFest ist die Bevölkerung von Appenzell und Gais zur Lektüre von Lukas Linders Roman eingeladen. Wer in den kommenden Wochen mitliest, sich mit einem Button zu erkennen gibt und mit anderen Lesenden über das Buch ins Gespräch kommt, wird Teil eines verbindenden Leseerlebnisses. Am Projekt beteiligen sich auch Bibliotheken, Lesegruppen und Schulklassen von Appenzell und Gais. Anfangs Juni wird der Autor die teilnehmenden Oberstufen- und Gymnasialklassen besuchen sowie am Abend des 6. Juni eine öffentliche Lesung bestreiten.

Lino Pinardi, Innerrhodische Kantonsbibliothek

 

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