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Wir haben keine Angst! : Die mutigen Frauen Irans / Natalie Amiri und Düzen Tekkal. – München : Elisabeth Sandmann Verlag GmbH, 2023. (978-949582-20-2)

Die beiden Autorinnen Natalie Amiri und Düzen Tekkal geben in ihrem Buch 15 iranischen oder iranisch stämmigen Frauen eine Stimme, um einen Teil ihrer bewegenden Geschichten zu erzählen. Eine Mehrzahl von ihnen sind bekannte Persönlichkeiten im Kampf für Gerechtigkeit: die Menschenrechtsaktivistinnen Nasrin Sotudeh, Shirin Ebadi oder Narges Mohammadi, die Schauspielerinnen und Sängerinnen Rita Jahanforuz und Nazanin Boniadi und die Politikerin und Frankfurter Bürgermeisterin Nargess Eskandari-Grünberg. Aber auch unbekannte Frauen fanden ihren Weg in das Buch und berichten von ihren Erfahrungen im Kampf gegen das Mullah-Regime.

Die wenigsten von ihnen leben (noch) im Iran, denn jede Einzelne musste am eigenen Leib erfahren, was es heisst, sich gegen die Machthabenden dort zur Wehr zu setzen. Doch sie alle setzen ihren Kampf im Rahmen ihrer Möglichkeiten fort, wenn auch von weit weg und im Wissen, dass sie sich dadurch in Gefahr bringen. Einer der Texte zum Beispiel wurde auf Klopapier geschrieben und von Mitgefangenen aus dem berüchtigten Evin-Gefängnis geschmuggelt. Eine andere der Frauen ist während des Interviews gerade auf Hafturlaub und muss noch besser aufpassen was sie sagt, als sonst.

Die Frauen berichten von Korruption, Manipulation, Lüge und (sexualisierter) Gewalt bis hin zu Mord. Demütigung, Entmündigung und wirtschaftliche Not gehören in diesem Land zum Alltag und werden in den Berichten mit erschreckender Nüchternheit beschrieben. Aber gerade diese unfassbaren Dinge sind es, die den Menschen im Iran aktuell die Kraft und den Mut verleihen, die Revolution weiterzuführen, die bereits vor Jahrzehnten begann. Aus allen Texten spricht der grosse Glaube daran, dass jetzt die Zeit für einen Umbruch gekommen ist. Der Mord an Jina Mahsa Aminis war lediglich der sprichwörtliche Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. «Entweder jetzt riskieren zu sterben oder ein Leben lang sterben» sagt Jasmin Shakeri über die Optionen der Jugend, die nicht «unseren Jackpot» gezogen haben.

Stark sind auch jene Texte, welche die Hintergründe der Diskriminierung von religiösen und ethnischen Minderheiten aufgreifen: der Bahai, der Kurdinnen oder der Belutschinnen. Die durch Gewalt und Manipulation geteilte Gesellschaft ist durch den Tod Aminis erstmals wieder etwas näher zusammengerückt.

Die Herausgeberinnen fordern uns auf, als Schallverstärker zu fungieren. «Frau, Leben, Freiheit!» darf nicht ungehört verhallen, damit der Sturz des Geschlechter-Apartheid-Regimes nach 44 Jahren endlich gelingen kann. «Das iranische Volk sucht niemanden, der es rettet. Es will nur, dass die internationale Gemeinschaft aufhört, das Regime zu retten.» (Nazanin Boniadi)

Man findet zwar zuhinterst im Buch eine Verlagsnotiz, ich hätte mir aber für das bessere Verständnis eine ausführlichere Einordnung der Begebenheiten im Land gewünscht. An einigen Stellen sind die Übergänge in den Texten etwas holprig, was wohl der Übersetzung ins Deutsche oder den fehlenden Interviewfragen geschuldet ist – sind die Texte doch aus Interviews entstanden, jetzt jedoch als Fliesstext in Ich-Form zu lesen.

Die berichtenden Frauen werden nicht als Heldinnen dargestellt, obwohl sie Übermenschliches leisten! Man spürt unmittelbar sowohl die Angst als auch die immense Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Das auf jeden Fall lesenswerte Buch hinterlässt mich nachdenklich und demütig; Wie weit wäre ich bereit, für meine Freiheit und die unserer Kinder zu gehen?

Dorothea Natau, Bibliothek Speicher Trogen

 

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