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Lappert, Simone. Wurfschatten. - Berlin : Metrolit Verlag, 2014.
(ISBN 978-3-8493-0096-8)

Ada ist alleinstehend, wohnt in Basel, ist Theaterschauspielerin mit stockendem Erfolg und leidet an Hypochondrie. Gefangen in ihrer kleinen Welt, in der es um Krankheit und Tod geht, lebt sie, abgesehen von wenigen Freunden, versteckt und isoliert. In ihrer Wohnung hat sie für all ihre Alpträume extra ein Therapiezimmer eingerichtet, in dem an einer Wand ihre Phobien und Neurosen ein Gesicht bekommen. Ihr Alphabet des Grauens besteht aus Zeitungsmeldungen und Artikel, in denen von A wie Attentat bis Z wie Zyste alles zu finden ist.

Wie ein Krebsgeschwür ist ihre Angst, die immer neue Metastasen bildet. Beim kleinsten Kribbeln in der Hand flüchtet sich Ada in eine lähmende Apathie. Immer wieder buchstabiert sie ihr Angstalphabet wie ein Abwehrzauber, um unter Kontrolle zu halten, was sie verfolgt und nicht schlafen lässt.

Fast ein Rauswurf
Rollen am Theater sind so natürlich keine zu bekommen. Das Geld wird knapp, was auch dem Vermieter nicht entgeht. Er hat Mitleid mit der jungen Frau und schlussendlich, damit sie nicht auf der Strasse landet, setzt er ihr kurzerhand seinen Enkel Juri in die Wohnung. Der ist in die Stadt gekommen, um die Goldschmiedewerkstatt seines kürzlich verstorbenen Vaters zu übernehmen. Er zieht in Adas Abwesenheit in ihr Therapiezimmer ein und katapultiert ihr Alphabet des Grauens kurzerhand auf die Strasse.

Zurück ins Leben
Natürlich wirft Juri mit seiner Anwesenheit Adas Leben ganz gewaltig aus der Bahn und sie unternimmt alles, um ihn wieder loszuwerden. So verteilt sie Ameisen in seinem Zimmer, isst sein Kühlschrankfach leer oder platzt nackt in sein Zimmer, wenn er Frauenbesuch hat. Juri  jedoch zeigt sich erstaunlich resistent und gelassen. Er scheint all ihre Ängste zu bestätigen und zu vergrössern-und schafft es mit der Zeit doch irgendwie, zu ihr durchzudringen. Und wie sollte es anders kommen, als dass sich die beiden nach ersten Startschwierigkeiten schliesslich nähern? Wie Ada hat sich nämlich auch Juri aus dem Leben zurückgezogen und aus der Verantwortung schleichen wollen. Das Leben, erklärt er Ada einmal, sei für ihn einen Art Warten gewesen, „nur verkehrt herum“. Er sei vor jeder Entscheidung ausgewichen, wollte nie etwas Eigenes anfangen. Darin gleichen sich die beiden und das verbindet. Und so traut sich Ada ganz langsam wieder, ins Leben zurückzukehren.
Die Handlung in Wurfschatten ist eher unspektakulär, überrascht aber mit erzählerischem Witz und sprachlicher Genauigkeit. Die Autorin schafft es, mit ihrem souverän geschriebenen Roman zu unterhalten und literarisch zu überzeugen.
Mit Wurfschatten hat Simone Lappert ihren Debütroman geschrieben. Sie ist 1985 in Aarau geboren und lebt in Basel. 2013 gewann sie den Heinz-Weder-Preis für Lyrik. Sie ist die Nichte von Rolf Lappert, der 2008 den ersten Schweizer Buchpreis gewann.

Priska Monnet, Bibliothek Speicher Trogen

 

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